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Verhandlungsabbruch: Warum scheitern Verhandlungen?

Scheitern von Verhandlung verzweifelt in Büro

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Häufig stehen in Verhandlungen große Summen auf dem Spiel. Zudem involvieren Verhandlungen die Verwirklichung wichtiger persönlicher Ziele und sind nicht nur zeitintensiv, sondern auch emotional nervenaufreibend. Im überwiegenden Fall enden Verhandlungen in einer Lösung, welche beide Seiten mittragen können und im besten Fall beide Verhandlungsparteien besserstellen. Die Realität ist leider jedoch auch, dass nicht alle Verhandlungen erfolgreich enden. Das Scheitern von Verhandlungen ist stets der Worst-Case und kann für Unternehmen sogar existenzbedrohende Konsequenzen mit sich bringen.

Ein Verhandlungsabbruch kommt allerdings nicht von ungefähr und geht oftmals auf Ursachen zurück, welche frühzeitig erkannt werden können. Durch eine entsprechende Berücksichtigung von möglichen Ursachen und ein angepasstes Verhandlungsverhalten lässt sich somit häufig ein Verhandlungsabbruch und seine fatalen Folgen verhindern.

In diesem Beitrag betrachten wir die externen Rahmenbedingungen und internen Ursachen für ein potenzielles Scheitern von Verhandlungen genauer und zeigen Wege auf, wie Sie es schaffen ein Scheitern Ihrer Verhandlungen zu verhindern.

Beispiel:

Ein Produzent von Kartoffelchips verhandelt mit einem großen Discounter über die Preisanpassungen seiner Produkte. Der Produzent besteht darauf, dass sich die gestiegenen Herstellkosten in signifikant höheren Preisen widerspiegeln müssen. Ursachen dafür sind beispielsweise die Mangellage an Vorprodukten wie Sonnenblumenöl. Der Einkauf des Discounters sieht die geforderten Preissteigerungen als übertrieben an und fürchtet, dass diese den eigenen Kunden weder vermittel- noch zumutbar seien. Beide Parteien verhandeln in verschiedenen Episoden über Wochen hinweg, kommen jedoch zu keinem Verhandlungsergebnis. Trotz intensiver Bemühungen einen Kompromiss zu finden, scheitert die Verhandlung am Ende und die Produkte des Produzenten verschwinden vorerst aus den Regalen des Discounters.

Übersicht

Allgemeine Gründe für das Scheitern von Verhandlungen

Verhandlungen scheitern nie grundlos. Eine Verhandlung wird stets begonnen, weil eine potenzielle Einigung eine Besserstellung aller Verhandlungsparteien ermöglichen soll, im Gegenzug zu keiner Einigung. Dennoch scheitern Verhandlungen in der Realität regelmäßig. Woran liegt das?
Exkurs: Einige Forscher unterscheiden drei Kategorien von Verhandlungsabbrüchen. Es gilt dabei die Grundlage, dass unter Umständen eine Nichteinigung besser ist als eine Einigung:

  1. Gewollter Abbruch: Wenn eine Nichteinigung für beide Verhandlungsparteien besser ist als eine Einigung, ist der Verhandlungsabbruch gewollt. Dies ist im oben genannten Verhandlungsbeispiel der Fall, wenn die tatsächlich anfallenden Herstellkosten, inklusive fixer und variabler Kosten, über den realisierbaren Preisen des Discounters liegen. Wenn also die Kosten entlang der Lieferkette nicht gedeckt werden können, ist es in beidseitigem Interesse, dass keine Einigung erzielt wird.

  2. Erzwungener Abbruch: Wenn eine der beiden Verhandlungsparteien durch eine Nichteinigung bessergestellt wird, ist der Verhandlungsabbruch erzwungen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Discounter die Kartoffelchips zwar mit Gewinn an die Kunden verkaufen könnte, allerdings ein Alternativangebot eines anderen Produzenten vorliegen hat, welcher die Herstellkosten und damit die Schmerzgrenze des Kartoffelchips-Produzenten unterbietet. Der Kartoffelchips-Produzent hat somit keine Chance den Wettbewerber zu unterbieten und der Discounter beendet die Verhandlung einseitig.

  3. Ungewollter Abbruch: Auf diesem Fall liegt der Fokus dieses Artikels. Wenn alle Verhandlungsparteien durch eine Nichteinigung schlechter gestellt werden als durch eine Einigung, ist der Abbruch ungewollt und hätte durch ein besseres Verhandlungsverhalten verhindert werden können. Dies ist der Fall, wenn der Discounter sehr wohl in der Lage ist, die Produkte, trotz gestiegener Kosten entlang der Lieferkette, mit Gewinnen an die Kunden zu verkaufen und kein besseres Alternativangebot vorliegt. Beide Seiten wären somit durch eine Einigung bessergestellt. Wenn es dennoch zu keiner Einigung kommt, würden sie ökonomisches Potenzial verschenken und beide Unternehmen lassen sich einen möglichen Gewinn entgehen.

Übergeordnet lassen sich sowohl externe Rahmenbedingungen als auch interne Gründe für einen Verhandlungsabbruch differenzieren. Bei externen Rahmenbedingungen liegen die Ursachen außerhalb der Verhandlungssituation und damit auch zumeist außerhalb der Verantwortung der Verhandelnden. Wohingegen es bei internen Gründen vor allem an den involvierten Parteien und deren Verhandlungsverhalten liegt.

Erfahrungsgemäß wird das Scheitern von Verhandlungen aus externen Rahmenbedingungen nicht immer als solches wahrgenommen. Beide Seiten können der Ansicht sein, dass eine Einigung möglich gewesen wäre, obwohl dies in der Realität schlichtweg nicht der Fall war. Gleichzeitig gibt es eine Reihe von externen Rahmenbedingungen, welche die Verhandlung zwar erschweren, aber eine Einigung nicht unmöglich machen. Diese werden vor allem dann zum Problem, wenn interne Gründe dazukommen, durch die sich die Verhandlungsparteien beeinflussen lassen. Die gute Nachricht ist, dass insbesondere interne Ursachen häufig frühzeitig erkannt und adressiert werden können, um ein ungewolltes Scheitern der Verhandlung zu verhindern.

Im Folgenden setzen wir uns daher zuerst mit den internen Gründen auseinander, bevor wir die komplizierteren externen Rahmenbedingungen betrachten. Abschließend werden wir uns ansehen, wie die angesprochenen Probleme effektiv adressiert werden können, um ungewollte Verhandlungsabbrüche zu vermeiden.

Interne Gründe für das Scheitern von Verhandlungen

Während externe Rahmenbedingungen Verhandlungen meist nur verkomplizieren, spielen die größte Rolle für Verhandlungsabbrüche interne Gründe. Die internen Gründe sind dabei auf die Parteien zurückzuführen, die die Verhandlung führen.

Mangelnde Analysefähigkeiten und keine kreative Problemlösungskompetenz

Eine mögliche Ursache für Verhandlungsabbrüche kann in mangelnden Analysefähigkeiten liegen. Nicht selten sehen selbst größte Experten Ihres Fachs den Wald vor lauter Bäumen nicht und scheitern in schwierigen Verhandlungen. Manchmal ist aber auch die bloße Komplexität der Verhandlungen kognitiv für die verhandelnden Personen nicht händelbar. Verhandlungsaktivitäten scheitern dann, weil eine mögliche Lösungsfindung zu kompliziert ist. Insbesondere bei sehr komplexen Situationen ist es wichtig, dass der Bedarf einer ordentlichen Analyse erkannt und die nötige Flexibilität mit an den Verhandlungstisch gebracht wird. Es kommt leider häufig vor, dass Verhandelnde nicht flexibel genug agieren, dadurch mögliche Lösungen übersehen und somit im Irrglauben leben, dass die Situation unlösbar sei.

Eines der häufigsten Motive für mangelnde Flexibilität bei Verhandelnden ist die Vorstellung eines fixen Verhandlungskuchens (Fixed Pie Assumption). Diese Annahme geht davon aus, dass jegliche Gewinne der eigenen Partei automatisch Verluste in derselben Höhe für die anderen Verhandlungsparteien bedeuten. Dieser weit verbreitete Irrglaube hält sich trotz entsprechender Gegenbeweise hartnäckig und kann Verhandlungssituationen unnötig verkomplizieren und im Extremfall sogar zu vermeidbaren Verhandlungsabbrüchen führen. Win-Win Lösungen, zumindest in Teilbereichen der zu besprechenden Verhandlungsthemen, sind in fast allen Verhandlungen möglich.

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Besonders wichtig ist es hierbei, dass auf der Suche nach Win-Win Lösungen möglichst objektive Bewertungskriterien etabliert werden. Lösungen, welche von der eigenen Seite favorisiert werden, werden häufig automatisch als fair wahrgenommen. Aber auch die Offenheit für Lösungen, die auf den ersten Blick nachteilhaft wirken, sollte gegeben sein, wenn die Gegenseite dafür an anderer Stelle ein uns besonders wichtiges Entgegenkommen zeigen kann.

Negative Emotionen und Machtmissbrauch

Häufiger noch als mangelnde Analysefähigkeiten führen jedoch emotionale Aspekte zu vermeidbaren Verhandlungsabbrüchen. Die Forschung hat dabei unzählige Male nachgewiesen, dass negative Emotionen eine Reihe nachteiliger Auswirkungen auf den Verhandlungsverlauf haben und eine häufige Ursache für Verhandlungsabbrüche darstellen. Dabei spielt nicht nur die persönliche Sympathie mit dem Gegenüber eine Rolle, sondern vor allem der Umgang mit diesem. Kleinere Ausrutscher im „Spiel“ der Verhandlung können durchaus weggelächelt werden, aber die stetige Wiederholung eines unkooperativen oder sogar aggressiven Verhaltens kann zu einer Eskalationsspirale führen, die unter allen Umständen zu vermeiden ist.

Insbesondere der Austausch von Maximalforderungen, intransparentes Vorgehen oder sogar identifizierte Täuschungsversuche führen häufig zu einem Mangel an Vertrauen zwischen den Verhandelnden. Dieser Mangel an Vertrauen untergräbt nicht nur die kreative Lösungsfindung, sondern ist in den meisten Fällen auch nicht förderlich für die allgemeine Atmosphäre in einer Verhandlung. Wenn sich zunehmend negative Emotionen in der Verhandlung ausbreiten und vielleicht sogar bereits mit einem Verhandlungsabbruch gedroht wird, ist dieser meist auch nicht mehr weit entfernt.

Weiterhin führen vielfach das falsche Verständnis und die einhergehende fehlerhafte Anwendung von primär machtbasierten Ansätzen des Verhandelns (Power-based-Negotiating) zu Eskalationsspiralen und enden nicht selten in einem Scheitern der Verhandlungssituation. Dabei ist wichtig, dass Macht zwar eine zentrale Rolle in Verhandlungen spielt, die Kommunikation dieses Machtgefälles aber auf unterschiedlichen Arten erfolgen kann. In den seltensten Fällen ist es im Falle eines vorliegenden Machtgefälles nötig, aggressive Taktiken zu verwenden, um die eigenen Ziele durchzusetzen. Zu einer professionellen Verhandlungsführung gehören daher ein freundlicher Ton und ein respektvoller Umgang miteinander.

EXPERTENTIPP

Missbrauchen Sie Ihre Macht nicht im Rahmen einer destruktiven Verhandlungsführung. Diese aggressiven Taktiken führen zu einer negativen Dynamik der Geschäftsbeziehung. Sollte das Machtgefälle wider Erwarten doch anders aussehen, kann sich somit das Blatt ganz schnell wenden. Aber auch abseits möglicher Fehleinschätzungen der eigenen Macht gilt: Kommunizieren Sie immer freundlich und sachlich, auch wenn Sie es sich „erlauben“ könnten, aggressive Taktiken zu verwenden.

Insbesondere, wenn Sie in einer mächtigen Verhandlungsposition sind, wird sich die Gegenseite davon überzeugen lassen, dass sie in ihrem eigenen Interesse Ihren Forderungen nachkommen sollte. Sowohl die Forschung als auch unsere eigene Beratungserfahrung zeigt, dass Sie in einem bestimmten, aber konstruktiven Dialog mehr erreichen können als durch eskalative Drohungen. Denken Sie dabei auch immer daran, dass Sie in der nächsten Verhandlung auf der anderen Seite des Tisches sitzen könnten und ebenfalls mit Respekt und der gebotenen Höflichkeit behandelt werden möchten.

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Reziprozität und mangelndes Verständnis für die Gegenseite

Das Konzept der Reziprozität steckt in verschiedenen Sprichwörtern wie: „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ oder „Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus“. Es bedeutet, dass ein Verhalten, welches die Gegenseite an den Tag legt, häufig selbst an den Tag gelegt wird und andersherum spiegelt die Gegenseite häufig das eigene Verhalten wider.

Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass das Konzept der Reziprozität in Verhandlungen starke Auswirkungen hat. In kooperativen und konstruktiven Verhandlungen führt Reziprozität zu einer positiven Dynamik und kann die Verhandelnden geradezu beflügeln. In emotional aufgeladenen und konfrontativ geführten Verhandlungen führt es allerdings auch dazu, dass negative Impulse weiter verstärkt werden.

Verhandelnde sollten daher stets versuchen, sich in die Gegenseite hineinzuversetzen und das eigene Narrativ zumindest für einen Moment zu verlassen und die Situation durch die Brille der Gegenseite zu betrachten. Dies bedeutet nicht, dass alle Positionen der Gegenseite übernommen werden müssen oder dass das möglicherweise unprofessionelle Verhalten der Gegenseite gerechtfertigt ist und akzeptiert werden sollte. Im Gegenteil, es sollte grundsätzlich nach der Motivation der Gegenseite gefragt werden. Dies kann dabei helfen, den emotionalen Themen in der Verhandlung auf den Grund zu gehen, die Situation zu entschärfen und die Spirale aus Vergeltungsmaßnahmen zu verlassen.

Weiterhin kann ein grundlegendes Verständnis für die Gegenseite dabei helfen, auf den ersten Blick irrationale Forderungen besser einzuordnen. So weisen Verhandelnde in manchen Fällen „heilige Werte“ als rote Linien auf, welche zwar nicht rational nachvollziehbar, aber dennoch real sind und mit starken Implikationen einhergehen können. Bei diesen Themen lohnt es sich in den seltensten Fällen, die Gegenseite von der Richtigkeit der eigenen Argumente zu überzeugen. Verständnis für die Positionen der Gegenseite und notfalls sogar das Akzeptieren einer suboptimalen Lösung in einem Teilbereich der Verhandlung sind manchmal der einzige Ausweg, um einen Verhandlungsabbruch zu verhindern.

Externe Rahmenbedingungen als Auslöser für das Scheitern von Verhandlungen

Die Gründe und Ursachen für ein Scheitern von Verhandlungen liegen nicht immer nur in der Verhandlung selbst, sondern in seltenen Fällen auch außerhalb dieser. Ein fundamentaler Grund für einen Verhandlungsabbruch kann sein, dass es schlichtweg keine Lösung für die Verhandlung gibt, welche beide Seiten besserstellt, als eine Nichteinigung.

Veränderung der Rahmenbedingungen

In einigen wenigen Fällen kann es allerdings sein, dass die Verhandlung von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Häufiger sehen wir, dass sich während einer bereits laufenden Verhandlung die Rahmenbedingungen ändern, wodurch eine Einigung erschwert wird oder nicht mehr möglich ist. Die externen Gründe können vielfältig sein und sich von steigenden Rohstoffpreisen, über weggefallene Finanzierungsmöglichkeiten bis zu veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen erstrecken. Eines haben diese Fälle alle gemeinsam, dass trotz möglicherweise optimaler Verhandlungsführung am Ende der Interaktion der Verhandlungsabbruch stehen kann. Häufig werden diese externen Faktoren schnell erkannt und die Verhandlung beendet, bevor noch weitere Ressourcen in die Verhandlung investiert werden.

Erschwerende Rahmenbedingungen

Wichtig zu beachten ist dabei, dass nicht alle externen Faktoren zwangsläufig unüberwindbare Barrieren auf dem Weg zu einer Einigung darstellen. In den meisten Fällen sind unvorteilhafte externe Faktoren eher als erschwerende Begleitumstände zu sehen, welche bestehende Defizite in der Verhandlungsführung verstärken.

Ein typisches Problem ist zum Beispiel, wenn zu viele Verhandlungsparteien am Tisch sitzen und sehr unterschiedliche Interessen aufweisen. Die Komplexität einer Verhandlung wächst mit jeder weiteren Verhandlungspartei dann überproportional und kann den gesamten Verhandlungsprozess so stark verkomplizieren, dass eine für alle Seiten akzeptable Lösung, wenn überhaupt, nur deutlich schwerer erreicht werden kann. In Situationen mit vielen Verhandlungsparteien ist es sehr wichtig, die richtige Reihenfolge der Verhandlungsthemen und der jeweiligen Teilnehmer zu planen. So kann es in manchen Fällen besser sein, wenn zuerst diverse bilaterale Gespräche stattfinden, bevor Kompromisse in der großen Runde diskutiert werden. In anderen Fällen kann genau dies kontraproduktiv sein und es wäre sinnvoller, sich direkt zu Beginn mit allen beteiligten Parteien an einen runden Tisch zu setzen.

Ein weiteres Problem der externen Rahmenbedingungen kann sein, dass die Verhandelnden nicht in Person miteinander sprechen, sondern nur über Kanäle, die eine weniger reichhaltige Kommunikation zulassen. Dabei gilt, umso unpersönlicher der Kommunikationsweg, desto weniger reichhaltiger die Kommunikation. Je weniger reichhaltig die Kommunikation ist, desto eher können Informationen verloren gehen und Missverständnisse entstehen. Während weniger kritische Verhandlungen mit geringer Komplexität häufig auch telefonisch geführt werden können, sollten wichtige und komplexe Themen immer in Präsenz, mindestens aber mittels Videotelefonie besprochen werden.

Zudem kann Zeitdruck dazu führen, dass eine tiefergehende Diskussion über die Interessen beider Parteien nicht stattfindet und die Verhandlung aufgrund einer sehr positionsgetriebenen Verhandlungsführung stagniert und scheitert. Insbesondere in zeitkritischen Situationen sollte daher darauf geachtet werden, dass die Verhandelnden die nötigen Entscheidungsbefugnisse haben, um eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten. Ein ausreichendes Verhandlungsmandat der eigenen Organisation ist eine wichtige Voraussetzung für effektives Verhandeln in Drucksituationen. Wenn Zeitdruck Verhandlungen bereits belastet, sollte dieser unter keinen Umständen, beispielsweise durch komplizierte interne Absprachen, verstärkt werden.

Weiterhin können Verhandlungen auch darunter leiden, dass die Öffentlichkeit oder beispielsweise das Management einer Organisation besonders gespannt auf die Verhandlung und deren Ergebnisse blickt. Eine bestehende Erwartungshaltung der Öffentlichkeit kann dazu führen, dass Verhandelnde unnötig aggressiv verhandeln, weil sie das Gefühl verspüren, diesen Erwartungen dadurch gerecht zu werden und vor der Öffentlichkeit ihr Gesicht zu wahren. Dabei sollten sich Verhandelnde immer bewusst sein, dass ein gutes Verhandlungsergebnis langfristig für die eigenen Interessensgruppen wichtiger ist als ein symbolischer Widerstand, welcher die Verhandlung im schlimmsten Fall zu einem Abbruch führt.

Verhindern von Verhandlungsabbrüchen

Da die Konsequenzen eines Verhandlungsabbruchs in den meisten Fällen für beide Seiten nachteilig und somit ungewollt sind, geben wir im Folgenden einige Tipps, um die Wahrscheinlichkeit eines Verhandlungsabbruchs zu reduzieren.

Ein Verhindern von Verhandlungsabbrüchen ist nur möglich, wenn beide Seiten gewillt sind, die Verhandlung fortzuführen. Das bedeutet gleichzeitig auch, dass, wenn sich alle oder nur eine der beteiligten Parteien durch einen Verhandlungsabbruch besserstellen kann, das Scheitern der Verhandlung wahrscheinlich beabsichtigt ist und somit nicht verhindert werden kann. Sollte Ihr Verhandlungspartner eine Alternative haben, welche ihn in jedem Fall besserstellt als eine Einigung mit Ihnen, kann eine Verhandlung nur noch sehr schwer zu einer Einigung gebracht werden.

Wenn Sie allerdings sicher sind, dass eine Einigung die verhandelnden Parteien besserstellt oder zumindest die Möglichkeit dazu besteht, können Ihnen folgende Maßnahmen helfen, um die Wahrscheinlichkeit eines Verhandlungsabbruchs zu verringern.

Schritt 1: Identifikation externer Rahmenbedingungen und besonders belastender Themen

In einem ersten Schritt sollten Sie reflektieren, welche externen Rahmenbedingungen die Verhandlung besonders belasten und welche eine Einigung erschweren. Machen Sie sich die Konsequenzen dieser Rahmenbedingungen bewusst und sprechen Sie über diese offen mit der Gegenseite. Versuchen Sie gemeinsam mit der Gegenseite Lösungen oder einen besseren Umgang mit den vorliegenden Rahmenbedingungen zu identifizieren und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

EXPERTENTIPP

Ganz grundsätzlich gilt, dass je besser die Beziehung zwischen den Verhandelnden ist, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass Verhandlungen unter erschwerten Rahmenbedingungen scheitern. Ein größeres Vertrauen zwischen den Verhandlungsparteien kann beispielsweise Verhandlungen unter Zeitdruck einfacher machen, da beide Seiten weniger Sorge vor taktischen Manövern der Gegenseite haben müssen und sich auf die wichtigen Dinge konzentrieren können. Weiter kann eine gute Beziehung, wenn einmal kein persönliches Treffen möglich ist, helfen, das Gesagte richtig einzuordnen und Missverständnisse zu vermeiden.

Die Liste der Vorteile einer guten Beziehung ließe sich beliebig fortsetzen. Versuchen Sie dabei in der Verhandlungsbeziehung objektive Entscheidungskriterien zu etablieren, denn eine gute Beziehung zwischen Verhandelnden sollte nicht mit einem nachgebenden oder schwachen Verhalten verwechselt werden. Im Gegenteil: Schaffen Sie sich durch eine gute Beziehung sowie eine transparente und offene Kommunikation eine Grundlage, auf welcher Sie aufbauend hart verhandeln können. Hart verhandeln, allerdings nicht, um sich gegenseitig auszutricksen oder zu bekämpfen, sondern gemeinsam das Problem zu bekämpfen.

Auch wenn sich die Rahmenbedingungen der Verhandlung im Verlauf ändern sollten, gilt, dass der beste Umgang damit häufig das offene Gespräch und die gemeinsame Lösungsfindung ist. Wenn plötzlich veränderte ökonomische Rahmenbedingungen die Finanzierung eines Projekts erschweren oder steigende Rohstoffpreise die Verhandlung aussichtslos erscheinen lassen, können alternative Finanzierungsmöglichkeiten oder ein Wechsel der verwendeten Rohstoffe unter Umständen schon verloren geglaubte Verhandlungssituationen wiederbeleben. Denken Sie dabei kreativ und suchen Sie auch gemeinsam nach Lösungen, welche möglicherweise auf den ersten Blick unrealistisch wirken.

Schritt 2: Verhandlungsverhalten optimieren

Versuchen Sie auf der einen Seite Wege zu identifizieren, wie Sie mit den erschwerten Rahmenbedingungen umgehen können und versuchen Sie auf der anderen Seite deren Auswirkungen durch eine effektive Verhandlungsführung zu minimieren.

Es wird deutlich, dass in Fällen von vermeidbaren Verhandlungsabbrüchen fast immer der Umgang der verhandelnden Parteien miteinander und die dadurch entstehende Atmosphäre einer Verhandlung der ausschlaggebende Grund eines Abbruchs ist. Es gibt keine noch so schlechten Rahmenbedingungen, welche durch den eigenen schlechten Umgang nicht noch weiter verschlechtert werden können und damit im schlimmsten Fall nicht nur die aktuelle Verhandlungssituation ruinieren, sondern durch den schlechten Umgang damit auch zukünftige Chancen verbauen. Oberste Maxime des eigenen Verhandlungsverhaltens sollte deswegen immer der Zweiklang zwischen Rationalität und Professionalität sein.

Es gibt keine noch so fatalen Rahmenbedingungen, welche durch den eigenen schlechten Umgang nicht noch weiter verschlimmert werden können.

Rationalität bedeutet dabei, die Analyse der Komplexität der Verhandlung ernst zu nehmen und dieser ausreichend Zeit einzuräumen. Eine Ergebnisoffenheit sollte dabei an den Tag gelegt werden, um flexibel auf mögliche Vorschläge der Gegenseite reagieren zu können oder eigene Ideen abseits der eigenen Erfahrung weiterverfolgen zu können. Rationalität bedeutet allerdings auch, dass Verhandlungen menschliche Interaktionen sind, in welchen Emotionen eine sehr wichtige Rolle spielen. Eine rationale Verhandlungsführung versucht deshalb die Standpunkte der Gegenseite zu verstehen und auch für die Gegenseite tragbare Lösungen zu erarbeiten. Sollte sich die Gegenseite partout nicht von einer unvorteilhaften Position abbringen lassen, so kann es rational sogar geboten sein, diese Kröte zu schlucken. Sie sollten sich dann an anderer Stelle ein Entgegenkommen sichern, um den aus der Verhandlung entstehenden Mehrwert zu erhalten.

Professionalität bedeutet vor allem, sich selbst in der Verhandlung unter Kontrolle zu behalten und immer bestrebt zu sein, eine positive Verhandlungsatmosphäre zu erzeugen. Dazu gehört auf der einen Seite selbst vertrauenswürdig und ehrlich zu sein, wie es ebenfalls von der Gegenseite erwartet wird und auf der anderen Seite negative Emotionen und aggressive Verhandlungsführungen rigoros aus der Verhandlung zu verbannen. Versuchen Sie das Konzept der Reziprozität („Wie du mir, so ich dir“) positiv auszugestalten und kooperatives Verhalten und positive Emotionen zu fördern.

Sollten in einer Verhandlungssituation dennoch einmal negative Emotionen im Raum stehen, zeigen Sie Verständnis für die Emotionen der Gegenseite und versuchen Sie, negative Emotionen auszuräumen, bevor Sie inhaltlich weiterverhandeln. Versuchen Sie, Differenzen zwischen den Verhandelnden möglichst sachlich zu klären. Sollte die Gegenseite dauerhaft wieder in negative Verhaltensmuster verfallen, kann eine offene Ansprache helfen. Sofern Sie sich für die aktive Ansprache entscheiden, versetzen Sie sich erneut in die Gegenseite. Schlucken Sie die negativen Emotionen für den Moment herunter und machen Sie es der Gegenseite so einfach wie möglich, die Kritik anzunehmen und ihr Verhalten anzupassen. Eine Standpauke führt häufig zur endgültigen Eskalation, während ein freundlicher Tonfall und ein positives Framing deutlich erfolgversprechender sind. Auch eine anschließende Pause zur Reflexion kann Wunder wirken, wobei Sie diese ebenfalls anders framen sollten, um der Gegenseite nicht das Gefühl zu geben, von Ihnen erzogen zu werden.

Schritt 3: Deeskalieren oder Abbrechen

Wenn es trotz vielfältiger Versuche nicht möglich ist, die negative Dynamik einer Verhandlung zu verändern und zu einem positiven Narrativ zurückzukehren, sollten Sie die Situation und Ihre Machtposition kritisch hinterfragen. Umso wichtiger Ihnen ein Verhandlungsabschluss ist, umso eher sollten Sie eine „Augen zu und durch“ Einstellung oder aber weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Situation in Betracht ziehen. Abseits eines Verhandlungsabbruchs und des Aushaltens der negativen Dynamik in der Hoffnung, dennoch zu einem Ergebnis zu kommen, bleiben Ihnen noch einige letzte Optionen.

So kann als eines der letzten Mittel der Austausch der verhandelnden Personen in Betracht gezogen werden. Im besten Fall werden alle Verhandelnden ausgetauscht, um einen Neustart der Verhandlung zu ermöglichen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Gegenseite ebenfalls die Problematik anerkennt und an einer Lösung der negativen Dynamik interessiert ist. Alternativ kann es manchmal bereits helfen, wenn die eigene Partei andere Personen verhandeln lässt, welche emotional weniger vorbelastet sind oder mit der Persönlichkeit des Gegenübers und dem an den Tag gelegten Verhalten besser zurechtkommen. Dies kann beispielsweise auch durch interne organisatorische Gründe argumentiert werden, wenn die Gefahr besteht, dass die Gegenseite anders vor den Kopf gestoßen wird und ihrerseits die Verhandlung abbricht.

Eine weitere Option zur Verhinderung eines Abbruchs kann die Einschaltung eines Mediators darstellen, um die Verhandlung wieder auf eine konstruktive Ebene zu heben. Hierbei sind Sie allerdings endgültig auf die Zustimmung und Kooperation der Gegenseite angewiesen, was nur der Fall sein dürfte, wenn diese das Problem anerkennt. Je nach Umfang und Wichtigkeit der Verhandlung kann es eine Möglichkeit sein, anzubieten, das Honorar des Mediators zu übernehmen. Dies kann ein Zeichen des guten Willens sein und die Bereitschaft der Gegenseite möglicherweise erhöhen. Wenn beide Seiten gewillt sind, eine Lösung herbeizuführen und eine für beide Seiten tragbare Lösung auch möglich ist, erhöht ein Mediator die Wahrscheinlichkeit, diese Lösung zu finden, in großem Maß. Insbesondere Beispiele aus der internationalen Diplomatie zeigen allerdings, dass selbst bei der Verhandlung von wichtigsten Themen und unter Inkaufnahme größter Anstrengungen Verhandlungen nicht immer zu einem erfolgreichen Abschluss führen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Verhandlungen nicht immer, aber häufig ungewollt scheitern und somit für alle Seiten keine vorteilhaften Einigungen erzielt werden. Dieses ungewollte Scheitern von Verhandlungen lässt sich nur in seltenen Fällen auf die tatsächliche Ausgangssituation und deren Rahmenbedingungen zurückführen und liegt meist am Verhandlungsverhalten der involvierten Personen. Eine professionelle Verhandlungsführung und das Vermeiden negativer Emotions- und Eskalationsspiralen sind dabei erfahrungsgemäß die wichtigsten Faktoren, welche einen Verhandlungsabbruch verhindern können.

Wenn Sie sich mitten in einer schwierigen Verhandlungssituation befinden, vielleicht sogar bereits die Drohung eines Verhandlungsabbruchs im Raum steht, oder sich dieser abzeichnet, kontaktieren Sie uns gerne jederzeit. Unsere erfahrenen Coaches begleiten Sie gerne durch Ihre schwierigsten Verhandlungen. Dabei helfen wir Ihnen nicht nur rational, sondern auch emotional, die spezifische Verhandlungssituation zu einer erfolgreichen Einigung zu führen. In unseren Grundlagenschulungen können Sie außerdem lernen, wie Sie Verhandlungen ohne die Gefahr eines Verhandlungsabbruchs systematisch und professionell vorbereiten, führen und nachbereiten können.

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