In Verhandlungen spielen Emotionen eine entscheidende und häufig unterschätzte Rolle. Sie sind ein wichtiger Bestandteil unserer menschlichen Natur und beeinflussen maßgeblich unsere Entscheidungen und Handlungen.
Emotionen bieten in Verhandlungen einerseits die Möglichkeit, Empathie und Verständnis zu fördern und zu einer vertrauensvollen und langfristigen Geschäftsbeziehung beizutragen.
Andererseits können unkontrollierte oder unangemessene Emotionen die Verhandlung negativ beeinflussen, irrationale Entscheidungen und unfaire Forderungen hervorrufen sowie die Beziehung zum Verhandlungspartner belasten.
Daher ist es wichtig, dass Sie Emotionen erkennen und beherrschen können. Die folgenden Schritte helfen Ihnen dabei Ihre Emotionen in Verhandlungen gezielt einzusetzen.
Übersicht
Emotionale Intelligenz entwickeln
Trainieren Sie Ihre emotionale Intelligenz, indem Sie bewusst auf Ihre eigenen Emotionen achten und versuchen, sie genau zu benennen. Erforschen Sie, wie sich diese in Ihrem Körper anfühlen und wie sie Ihre Gedanken und Handlungen beeinflussen. In einem aufbauenden Schritt sollten Sie sich in unterschiedlichen Situationen bewusst in die Lage anderer Menschen versetzen und versuchen, deren Emotionen zu erkennen und zu verstehen.
Emotionale Intelligenz hilft Ihnen in Verhandlungen, empathisch die Emotionen Ihres Verhandlungspartners besser vorherzusagen, zu identifizieren und zu verstehen. Dadurch können Sie Ihre Vorgehensweise in der Verhandlung anpassen. Zum Beispiel können Sie Rücksicht auf besonders sensible Aspekte nehmen oder durch implizite Signale Vertrauen bei der Gegenseite aufbauen.
Trainieren Sie Ihre emotionale Intelligenz, indem Sie bewusst auf Ihre eigenen Emotionen achten und versuchen, sie genau zu benennen.
Emotionen reflektieren
Reflektieren Sie nach Ihren Verhandlungen nicht nur, ob Sie Ihre Ziele erreicht haben oder welche Argumente besonders gut gewirkt haben, sondern auch, wie Sie mit Ihren eigenen Emotionen und den Emotionen der Gegenseite umgegangen sind. Hinterfragen Sie dabei auch die jeweiligen Motive hinter diesen Emotionen und inwieweit diese berechtigt waren.
Die regelmäßige Reflexion der emotionalen Komponente von Verhandlungen kann Ihnen helfen, eigene Ängste oder Befürchtungen im Vorfeld von Verhandlungen besser einzuordnen und mittelfristig abzubauen sowie einen kühlen Kopf zu bewahren. Außerdem kann Ihnen durch Reflexion bewusst werden, ob Sie in einer Situation vielleicht zu heftig oder falsch reagiert haben, sodass Sie in Zukunft Ihr Verhalten gezielter Steuern können.
Mit Emotionen überzeugen
Reißen Sie Ihr Gegenüber durch den gezielten Einsatz von Emotionen mit und begeistern Sie in Verhandlungen die Gegenseite von Ihrem Angebot.
Neben den harten Fakten einer Verhandlung prägen auch die Erfahrungen, welche wir mit der Gegenseite machen, maßgeblich unseren Blick auf die Verhandlungssituation. Nutzen Sie entsprechend positive Energie und eine mitreißende Ausstrahlung, um die Gegenseite davon zu überzeugen, dass eine Zusammenarbeit mit Ihnen die einzig richtige Entscheidung ist.
Legen Sie dabei besonderes Augenmerk auf die Stärken Ihres Angebots, unterstreichen Sie diese und zeigen Sie nachvollziehbar den Nutzen auf, welcher der Gegenseite durch diese Stärken entsteht.
Achten Sie jedoch darauf, keine falschen Versprechungen zu machen oder durch Ihre Begeisterung unseriös oder unglaubwürdig zu wirken.
EXPERTENTIPP
Mit positiven Emotionen und Begeisterung zu überzeugen kann auf den ersten Blick wenig nachhaltig erscheinen, sollte aber unter keinen Umständen unterschätzt werden. Mit Maß und Ziel eingesetzt, können positive Emotionen und eine werbende Art die Verhandlung regelrecht beflügeln und Ihnen vorteilhafte Verhandlungsergebnisse sichern.
Denken Sie dabei an Ihr eigenes Kaufverhalten: Der motivierte Verkäufer, der über das Produkt spricht, als sei es seine einzig wahre Liebe, überzeugt doch häufiger als nüchterne oder verschlafene Verkäufer, die lediglich Informationen bereitstellen, welche genauso gut auf einem Datenblatt nachgelesen werden können.
Emotionen kontrollieren
Das stereotypische Pokerface ist in Verhandlungen nicht immer zwingend erforderlich.
Dennoch sollten Sie stets die Kontrolle über Ihre Emotionen behalten und weder in ein extremes Positiv noch Negativ verfallen. Ihre Emotionen können Sie dabei aber nicht nur durch den Inhalt oder die Stimmlage Ihrer Aussagen vermitteln, sondern auch über nonverbale Signale, wie Ihren Gesichtsausdruck oder Ihre Körperhaltung.
Wenn Sie Ihre Emotionen nicht im Griff haben, riskieren Sie nicht nur Wutausbrüche oder andere negative Emotionen, sondern geben auch ungewollt Informationen preis, die Sie der Gegenseite nicht unbedingt mitteilen möchten.
Falls die Gegenseite versucht, Sie mit Machtspielen unter Druck zu setzen, zeigt eine emotionale Reaktion der Gegenseite, welche Schmerzpunkte Sie besonders treffen und dass die Strategie aufzugehen scheint. Bleiben Sie deswegen auch in hitzigen Momenten immer ruhig.
In guten Geschäftsbeziehungen sollten solche Machtspiele allerdings nicht auf die Tagesordnung gehören.Wenn Sie ein gutes Verhältnis zur Gegenseite haben, können Sie emotional belastende Punkte ansprechen und sachlich klären, um mögliche Hindernisse für eine Einigung auszuräumen.
Bei Emotionen wie großer Freude, zum Beispiel über einen erfolgreichen Abschluss, sollten Sie sich ebenfalls eher zurückhalten, bis Sie unbeobachtet sind. Studien zeigen, dass übermäßige Freude bei der Gegenseite eher Verunsicherung auslöst, insbesondere wenn diese große Zugeständnisse machen musste. Seien Sie daher nach einer besonders erfolgreichen Verhandlung positiv und freundlich, aber nicht überschwänglich. Bedenken Sie auch, dass Sie selbst auf dem Parkplatz des Verhandlungspartners noch in Sichtweite sind, daher sollten Sie Freudentänze bis zu Ihrem eigenen Büro aufsparen.
Kommunizieren Sie Ihre Emotionen nicht nur durch den Inhalt oder die Stimmlage Ihrer Aussagen, sondern auch über nonverbale Signale wie Ihren Gesichtsausdruck oder Ihre Körperhaltung.
Emotionale Bindungen schaffen
Während harter Verhandlungen betrachtet man die Gegenseite manchmal eher als Feind und nicht als Mensch. Negative Emotionen können diese Frontverhärtung verstärken und zwischenmenschliche Beziehungen beschädigen, während positive Emotionen das genaue Gegenteil bewirken können.
Insbesondere über persönliche Themen kann es gelingen, eine tiefere Beziehung aufzubauen und sich als Menschen statt als reine Vertreter eines Unternehmens kennenzulernen. Nutzen Sie diesen Umstand und schaffen Sie über emotionale Themen wie Familienangelegenheiten oder Ihre Leidenschaft eine besondere Beziehung zu Ihrem Verhandlungspartner.
Eine menschliche Beziehung abseits der Verhandlungsebene aufzubauen kann die Kooperation stärken und erleichtert es Ihnen, auch in schwierigen Situationen gemeinsam Lösungen zu finden.
Beispiel:
Eine besondere historische Anekdote in diesem Kontext handelt von den Verhandlungen zwischen Israel und Ägypten in Camp David im Jahr 1978. Unter Vermittlung von US-Präsident Jimmy Carter sollte der jahrzehntelange Konflikt zwischen den beiden Staaten beigelegt werden. Nach einigen Tagen zäher Verhandlungen soll Jimmy Carter den Glauben an eine Einigung bereits verloren haben und die Verhandlungen inoffiziell als gescheitert erklärt haben.
Vor der Abreise bat der israelische Premierminister Menachem Begin den US-Präsidenten jedoch noch um einige signierte Autogramme, welche er seinen Enkeln versprochen hatte. Jimmy Carter erkundigte sich nach den Namen der Enkel und schrieb personalisierte Autogramme für sie. Als Begin die Autogramme sah und die Namen seiner Enkel laut vorlas, kamen ihm vor Rührung die Tränen, und später auch dem US-Präsidenten. Infolge dieses emotionalen Moments einigten sich die Staatsführer darauf, es noch einmal zu versuchen, und setzten die Verhandlungen fort, was letztendlich zum erfolgreichen Abschluss führte.
Emotionale Trigger erkennen
In jeder Verhandlung gibt es Themen, über die Sie lieber sprechen würden und solche, über die Sie lieber schweigen würden.
Verhandlungspartner verraten diese Themen oft durch ihre Reaktionen. Sei es durch offensichtliche Ausbrüche oder subtile Zeichen wie ein wackelndes Bein oder ein ausweichender Blick. Versuchen Sie, Informationen von Ihrem Gegenüber zu erhalten, indem Sie auf diese Signale achten.
Sie können auch aktiv versuchen, diese Reaktionen hervorzurufen, indem Sie bestimmte Aussagen oder Handlungen wählen, die den Trigger der Gegenseite ansprechen.
Achten Sie besonders auf die ersten Anzeichen, da viele Verhandelnde ihre Gesichtsausdrücke und Körpersprache sehr gut kontrollieren können. Selbst wenn Ihr Verhandlungspartner sehr beherrscht ist, kann es dennoch sein, dass für einen Moment ein vielsagender Blick oder ein kurzes Zucken über das Gesicht der Gegenseite huscht.
Beachten Sie jedoch, dass nicht jede Reaktion auf den vermeintlichen Trigger zurückzuführen sein muss oder sogar bewusst gespielt sein kann.
Emotionen Raum geben
In Verhandlungen können die Gemüter hochkochen, auch wenn beide Parteien äußerlich ruhig und gelassen wirken. Es ist wichtig zu bedenken, dass nicht alle Themen von beiden Seiten gleich bewertet werden. Einige Forderungen könnten die Gegenseite möglicherweise aus der Fassung bringen.
Wenn die Gegenseite bereits innerlich aufgewühlt ist, neigt sie dazu, alle weiteren Diskussionsthemen negativ zu bewerten und vielleicht auch positive Vorschläge zu blockieren. Daher ist es wichtig, geduldig zu sein und der Gegenseite Raum und Zeit zu geben, um mögliche emotionale Widerstände abzubauen.
Besonders Pausen können helfen, Emotionen in angespannten Situationen zu beruhigen. In einer partnerschaftlichen Verhandlung können Sie nach einer Pause sensiblere Themen in freundlichem Ton ansprechen und meist direkt aus dem Weg räumen.
Falls die Gegenseite jedoch versucht, Sie bewusst unter Druck zu setzen, ist es ratsam, einen Vorwand für eine Pause zu finden und sich die benötigte Zeit zu nehmen.
Besonders Pausen können helfen, Emotionen in angespannten Situationen zu beruhigen.
Emotionen in Worten ausdrücken
Sprache beeinflusst die Realität, auch in Verhandlungen.
Eine positive Verhandlungsatmosphäre kann daher durch den Einsatz von positiver Sprache entstehen. Angenehmere und konstruktivere Gespräche erzeugen dann wiederum Vertrauen und fördern die Zusammenarbeit mit der Gegenseite sowie Kreativität in den Verhandlungen.
Oft ist es nicht schwer, eine positive und lösungsorientierte Sprache zu verwenden.
Vermeiden Sie negative Wörter und Ausdrücke, die Konfrontationen oder Abwehrreaktionen auslösen könnten. Verzichten Sie auf Sätze wie „Nein, das geht nicht.“ oder „Das ist ein Problem.“.
Setzen Sie stattdessen auf positive Formulierungen wie „ja“, „können“, „möglich“, „verbessern“, „zusammenarbeiten“, „Lösung“ und „Chancen“.
Achten Sie dabei auch auf Ihren Tonfall, denn der Tonfall Ihrer Stimme kann genauso wichtig sein wie die Worte, die Sie verwenden. Sprechen Sie ruhig, höflich und freundlich, um Vertrauen und Offenheit zu fördern.
Emotionen pausieren
Nach stundenlangen, zähen Verhandlungen macht die Gegenseite endlich einen akzeptablen Vorschlag. Große Freude macht sich breit, wir schlagen ein und besiegeln den Deal. Wenige Dinge im Verhandlungsalltag machen mehr Freude, als endlich eine Einigung in einem schwierigen Fall gefunden zu haben!
Dennoch gilt: Vorsicht!
Trotz der Freude über einen erfolgreichen Abschluss sollten Sie, bevor Sie dem Deal zustimmen, ruhig bleiben und noch einmal über Ihre Optionen und Alternativen nachdenken. Gibt es noch ungeklärte Themen? Könnte ein weiteres gutes Gegenangebot das Ergebnis zusätzlich verbessern?
In jedem Fall sollten Sie voreilige und emotionale Bauchentscheidungen vermeiden. Dazu können Sie Ihre Entscheidung anhand möglichst objektiver Kriterien reflektieren und Ihre Ziele oder den aktuellen Status Quo nochmals hinterfragen.
Nehmen Sie sich bewusst eine Pause, um eine fundierte Entscheidung zu treffen und die Verhandlung gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen und erfolgreich zu beenden. Wenn Sie sich dann sicher sind, können Sie sich umso mehr über einen großartigen Abschluss freuen!